Samstag, 1. Juni 1996

Notre-Dame de l’Atlas: Köpfe der sieben entführten Mönche aufgefunden.

Das Trappistenkloster Notre-Dame de l’Atlas wurde am 7. März 1938 gegründet. Schon früher, seit 1843, waren die Mönche aus Aiguebelle in Algerien tätig, um die Bevölkerung mit den modernen Methoden der Landwirtschaft zu unterrichten.

Während des Algerien-Kriegs wurden 1959 zwei Mönche von den Fellaghas entführt, später aber wieder freigelassen. Nach der Unabhängigkeitserklärung Algeriens 1962 wurden die Mönche vom Staat behindert und unterdrückt.

Gegenseitiger respekt trotz staatlicher Repression
Dank gegenseitigem Respekt zwischen den Mönchen, die auch als Ärzte und Lehrer tätig waren, und der überwiegend islamisch geprägten Bevölkerung konnte das Kloster in den folgenden Jahren trotz Argwohn seitens des Staates, der Armee sowie einiger islamistischer Gruppierungen in der Umgebung gehalten werden.
In der Nacht vom 26. zum 27. März 1996 verschaffte sich eine Gruppe Bewaffneter gewaltsam Eintritt in das Kloster und entführte sieben der Mönche, darunter den Prior. Zwei Mönche konnten sich verstecken. Kurze Zeit später bekannte sich die Groupe Islamique Armé (GIA), eine terroristische Splittergruppe, zur Tat und forderte die Freilassung eines ihrer Anführer, im Gegenzug für die Freilassung der Mönche. Das letzte Lebenszeichen der Mönche stammt vom 20. April mit ihren Stimmen in Gefangenschaft. Die Köpfe der Mönche wurden am 30. Mai, nicht jedoch die Körper der Mönche gefunden.

Vermutlich vom Staat inszenierter Mord
Die Morde wurden nie ganz aufgeklärt. Ein ehemaliger Prokurator der Trappisten, Armand Vieilleux, geht davon aus, dass ein Komplott der algerischen Armee dafür verantwortlich war, um die Weltöffentlichkeit gegen die terroristischen Gruppen im Lande aufzubringen. Dies wird im Wesentlichen von Abdelkader Tigha bestätigt, einem unbeteiligten Stabsfeldwebel des algerischen militärischen Geheimdienstes (DRS), der damals im lokal zuständigen Nachrichtenzentrum (CTRI) von Blida eingesetzt war.