Dienstag, 8. Februar 2011

Aufforderung zum Martyrium

In der Religionsdebatte wird viel über das Gewaltpotenzial des Monotheismus diskutiert. Dabei steht die Frage im Raum, ob der Wahrheitsanspruch des Christentums nicht Intoleranz und dogmatische Arroganz befördere. Die Geschichte der Kirche bietet hinreichend Anlass, dieser Frage kritisch nachzugehen. Es wird nur selten daran erinnert, dass die frühen Christen selbst massiven Verfolgungen ausgesetzt waren. Gläubige, die sich weigerten, dem staatlich verordneten Kaiserkult Folge zu leisten, wurden als «Atheisten» bezeichnet. Als Märtyrer, die lieber den Tod wählten, als vom Evangelium abzufallen, sind sie Opfer von Gewalt geworden.

Aus Anlass der Christenverfolgungen, immer wieder aufflackerten, haben einige Kirchenväter Schriften verfasst, die das Problem des Martyriums theologisch beleuchten. Von Origenes (2./3. Jh.) stammt das Werk «Aufforderung zum Martyrium», das kürzlich von Maria-Barbara von Stritzky neu übersetzt und herausgegeben worden ist. Der Titel soll die Aufforderung zur Standhaftigkeit im Glauben zum Ausdruck bringen, die Origenes den bedrängten Adressaten der Schrift empfiehlt.

Die christlichen Märtyrer haben in ihrem Leiden die Gewaltlosigkeit Jesu nachgeahmt, ohne zuvor barbarische Gewaltakte gegen ihre anpassungsbereiten Glaubensbrüder zu verüben. Es ist oft vermerkt worden, dass die Martyriumsbereitschaft und Todesverachtung der Christen die spätantike Welt beeindruckt hat. Die Christenverfolgungen haben nicht zum Verschwinden, sondern zur Ausbreitung des Christentums beigetragen. Gerade in der Ohnmacht der Zeugen hat Origenes die Macht Gottes am Werk gesehen, den Tertullian in das berühmte Wort gebündelt hat: «Ein Same ist das Blut der Christen.»

Origenes: Aufforderung zum Martyrium. Eingeleitet und übersetzt von Barbara-Maria von Stritzky. Herder / de Gruyter, Freiburg i. Br. / Berlin 2010. 180 S., Fr. 84.90.

Ganze Buchbesprechung in der NZZ.

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