Donnerstag, 17. Mai 2012

Die beichte ist eine Lebenshilfe

Es zeigt sich, dass die heilige Beichte eine grosse Lebenshilfe ist. Ich gestehe zu, dass das in der Vergangenheit nicht immer so verkündigt und verstanden worden ist. Es gilt daher in vielen Fällen, diese befreiende und erlösende Gottesgabe wieder neu zu entdecken. Den Priestern und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bin ich deshalb dankbar, wenn sie die Lehre der Kirche bezüglich dieses Sakramentes von neuem und mit neuem Elan darlegen, damit die Gläubigen seine Bedeutung für ihr Leben immer besser erkennen und einen neuen Zugang dazu finden.

Das persönliche Bekenntnis befreit
Wie jedes Sakrament so schenkt auch das Sakrament der Versöhnung Gnade, also die Gabe des übernatürlichen, des göttlichen Lebens. Besonders wertvoll ist bei diesem Sakrament das persönliche Bekenntnis. Es darf nicht nur als eine Forderung betrachtet werden, um die Lossprechung empfangen zu können. Das Aussprechen unserer Verfehlungen ist ein Akt, der uns innerlich frei macht, uns für das vergebende Wirken Gottes öffnet und wesentlich zur geistig-seelischen Heilung beiträgt. Indem der Beichtende sein Gewissen sorgfältig prüft, die Sünden bereut, das Bekenntnis vor dem Priester ablegt, die Lossprechung empfängt und das begangene Unrecht in Ordnung zu bringen gewillt ist, vollzieht sich der Prozess einer geistig-seelischen Wandlung, aus der neues Leben hervorgeht, so dass auch hier das Wort des Herrn gilt: «Dein Glaube hat dich gerettet.» (Matthäus 9,22).

Kein Ersatz für die Beichte
Das persönliche Schuldbekenntnis vor dem Priester und die Lossprechung sind aufeinander bezogen und bilden eine innere Einheit. Eine Generalabsolution ohne vorgängiges Bekenntnis kann daher nur in unmittelbarer Todesgefahr gegeben werden, also in einer Situation, da der zur Beichte willige Gläubige wegen besonderer Umstände das Bekenntnis nicht ablegen kann. Selbst in diesem Fall verlangt die innere Bezogenheit von Bekenntnis und Lossprechung, dass zur Gültigkeit der Absolution das Bekenntnis nachgeholt wird, sobald dies möglich ist.

Bussfeiern sind wertvoll
Die bei uns verbreiteten und von der Kirche empfohlenen Bussfeiern haben ihren Wert nach wie vor darin, dass sie den Gläubigen helfen, den eigenen seelischen Zustand zu erkennen, die Sünden zu bereuen und Gott um Vergebung zu bitten. Doch dürfen sie nicht mit dem Sakrament der Busse verwechselt werden. Die Bussfeier ist eine Besinnung und eine Bitte an Gott um Verzeihung der Sünden. Das Sakrament dagegen, immer mit dem Schuldbekenntnis des Beichtenden verbunden, ist kraft der priesterlichen Lossprechung Zusage der göttlichen Vergebung und der sakramentalen Gnade.

Beichte neue entdecken
Ich möchte Euch ermutigen, von neuem dieses Sakrament der Hoffnung, der Befreiung und der Freude anzunehmen. Den Priestern bin ich dankbar, wenn sie weiterhin und noch vermehrt den Gläubigen für die Spendung des Sakramentes zur Verfügung stehen. Unerlässlich ist auch die sorgfältige, dem Alter entsprechende Einführung der Kinder ins Sakrament der Versöhnung. Dabei wird die Erstbeichte vor der Erstkommunion erfolgen und ein wichtiger Schritt hin zum Empfang des Herrn im Allerheiligsten Sakrament sein. Ja, die Beichte ist die beste Vorbereitung auf die heilige Kommunion.

Gerade im Sakrament der Versöhnung bewahrheitet sich, was im Namen «Jesus» zum Ausdruck kommt. Bedeutet er doch «Erlöser». Wirklich, er, unser Herr, ist unser Retter und Erlöser. Er überlässt uns nicht der Macht des Bösen, sondern begleitet uns unser Leben lang mit diesem Sakrament und erneuert, so oft wir ihn in der Beichte darum bitten, die Gnadengaben der heiligen Taufe und der heiligen Firmung. In der Tat, das Sakrament der Versöhnung ist ein Geschenk, durch das wir geistlich gesund bleiben oder diese Gesundheit wieder erlangen. Es zeigt uns, wie sehr dem Herrn an unserem Heil gelegen ist. Es ist wirklich ein österliches Sakrament, daher auch ein Sakrament, das uns auf die Feier der Auferstehung unseres Herrn vorbereiten und dem Osterfest entgegenführen kann.

Möge uns die Fürbitte der Gottesmutter, die wir auch als «Zuflucht der Sünder» und «Helferin der Christen» anrufen, auf dem Weg der österlichen Busszeit begleiten und die Gnade eines heiligen Lebens erbitten. Mit diesem Wunsch und mit der Zusicherung meines Gebetes grüsse ich Euch herzlich und lasse Euch meinen bischöflichen Segen zukommen. Der Herr erhalte Euch in seiner Gnade.

Euer Bischof Vitus




von Bischof Vitus Huonder autorisierte Kurzfassung des Hirtenbriefs zu Ostern 2009

Mittwoch, 2. Mai 2012

Rechtlicher Status von Personalpfarreien

Bischof Vitus Huonder von Chur hat für die Anhänger der ausserordentlichen Form des römischen Ritus («Tridentinische Messe») zwei Personalpfarreien errichtet. Der Kirchenrechtler Joseph M. Bonnemain, Offizial des Bistums Chur, erklärt im Gespräch die Rechtsform «Personalpfarrei».

Was ist – kurz gefasst – eine Personalpfarrei?
Joseph M. Bonnemain: Nach katholischem Verständnis ist die Pfarrei eine Gemeinschaft von Gläubigen, die dauerhaft einem Priester als zuständigem Seelsorger anvertraut wird. In der Definition von Pfarrei sind also keine territorialen Bestimmungen enthalten. In der katholischen Kirche ist es jedoch fast seit Anbeginn üblich, Pfarreien nach Territorien einzuteilen. Gleichzeitig gab es aber schon immer auch pastorale Gründe, bestimmte Gruppen in einer Pfarrei zu organisieren, ohne dass dabei der Wohnort eine Rolle gespielt hätte. Solche Pfarreien nennt man dann Personalpfarreien.

Konkrete Beispiele dafür?
An grossen Universitäten gibt es Hochschulpfarreien für Studenten. In einigen Ländern wurden eigene Ordinariate für die Militärseelsorge errichtet. Diese Ordinariate sind dann wie ein Bistum in Pfarreien eingeteilt. Oder es gibt Spitalpfarrämter. Im Kanton Zürich gab es bislang nur zwei Personalpfarreien: In den Städten Winterthur und Zürich wurde die Seelsorge für die Italiener in Personalpfarreien organisiert.

Muss man sich als Gläubiger zwischen Wohnortpfarrei und Personalpfarrei entscheiden?
Es versteht sich von selbst, dass sich beispielsweise ein Hochschulpfarramt vor allem an Studenten richtet. Weiter versteht sich die Personalpfarrei als Ergänzung nicht als Ersatz. Es steht dem einzelnen Gläubigen also weiterhin frei, welche Angebote er wo wahrnehmen will, ob er beispielsweise in seiner Personalpfarrei getraut werden will oder in seiner Wohnortspfarrei.

Wie sind die Seelsorger einer Personalpfarrei in die kirchliche Struktur eingebunden?
Der Pfarrer einer Personalpfarrei ist zunächst an den Bischof gebunden, der ihn ja auch ernannt hat. Er wird aber auch in die verschiedenen Gremien des Bistums eingegliedert. Für die neue Personalpfarrei Hl. Maximilian Kolbe in Thalwil beispielsweise bedeutet das, dass deren Seelsorger auch Mitglied des Kantonalen Seelsorgekapitels sein wird.

Wie finanziert sich eine Personalpfarrei?
Das ist ganz unterschiedlich. Die beiden Personalpfarreien der Italiener-Seelsorge werden durch die Kirchensteuer finanziert. Die Personalpfarreien für die ausserordentliche Form des römischen Ritus werden über Spenden und Stiftungen finanziert. Ihre Kirchensteuer bezahlen die Gläubigen an ihrem Wohnort – wie bis anhin.

Welche Dienste muss eine Personalpfarrei anbieten?
Alles, was für eine ordentliche Seelsorge vorgesehen ist: Sakramente, geistliche und seelsorgerliche Begleitung, Religionsunterricht, Ehevorbereitungskurse, Bestattungen.

Wir sprechen im Kanton Zürich auch von einem Flughafenpfarramt. Ist das ebenfalls eine Personalpfarrei?
Man muss die Umgangssprache von kirchenrechtlichen Definitionen unterscheiden. Kirchenrechtlich gesehen sind weder die Bahnhofskirche noch das Flughafenpfarramt tatsächlich Pfarreien. Auch sie könnten rein theoretisch in den Status von Personalpfarreien erhoben werden.

Wie gross ist der Spielraum eines Bischofs bei der Errichtung von Personalpfarreien?
Es ist vor allem eine Ermessensfrage. Im Kirchenrecht heisst es dazu: «Die Pfarrei hat in aller Regel territorial abgegrenzt zu sein und alle Gläubigen eines bestimmten Gebietes zu umfassen; wo es jedoch angezeigt ist, sind Personalpfarreien zu errichten, die nach Ritus, Sprache oder Nationalität der Gläubigen eines Gebietes oder auch unter einem anderen Gesichtspunkt bestimmt werden.» (CIC Can. 518)

Was passiert, wenn es ein Bischof übertreibt, indem er beispielsweise mit unzähligen Personalpfarreien ein individualistisches Kirchenbild fördert oder eine Spaltung in seiner Diözese provoziert?
Auch ein Bischof muss die Bestimmungen der Kirche beachten und immer ihre Einheit im Blick behalten. Wenn er in Widerspruch dazu gerät oder seine Ermessensgrenzen überschreitet, dann muss er durch die zuständige Kongregation im Vatikan zur Verantwortung gezogen werden.

Was halten Sie vom Szenario, dass der Bischof von Chur die beiden neuen Personalpfarreien errichtet hat, um auf diesem Weg eine parallele Struktur zur bisherigen sogenannten dualen Struktur zu schaffen? Personalpfarreien als ein Mittel zur Umgehung und Aushebelung staatskirchenrechtlicher Strukturen?
Auch ein Bischof kann nicht über die Köpfe der Gläubigen hinweg entscheiden. Wenn die Mehrheit der Diözese Chur sich weiterhin wünscht, dass die Kirche sich in der bisherigen Form organisiert, dann wird sich das nicht ändern. Wenn es also bei ein paar hundert Gläubigen bleiben wird, die sich den beiden neuen Personalpfarreien anschliessen wollen, dann wird es bei diesen beiden Pfarreien bleiben. Wenn die Gläubigen das bisherige Leben in ihrer Pfarrei und den hier gewachsenen Strukturen schätzen, dann kann auch ein Bischof nichts erzwingen.

Die Fragen stellte Thomas Binotto vom Zürcher Pfarrblatt.