Montag, 16. Juli 2012

Blogs als Zeugen des Evangeliums

Norbert Kebekus, Leiter des Freiburger Referates Medienpastoral, im Interview über Internet, Glauben und Kirche: In Facebook, Twitter oder Blogs können sich „Zeugen des Evangeliums“ zu Wort melden und Gehör finden.

Hat die katholische Kirche im jungen Medium Internet schon zu einer ersten Sprachfähigkeit gefunden?
Norbert Kebekus: Mit dem Stichwort "Sprachfähigkeit" sprechen Sie eine der großen Herausforderungen an. Die Sprache kirchlicher Verlautbarungen und allgemein unsere kirchliche "Insidersprache" wird von vielen Menschen, insbesondere denen, die der Kirche fern stehen, heute nicht mehr verstanden.

Hinzu kommt, dass sich die Gesellschaften in Mitteleuropa in viele unterschiedliche Milieus aufteilen, die von ihrer Ästhetik, aber auch von ihren Kommunikationsweisen und Sprachspielen her ganz unterschiedlich "ticken".

Die Botschaft des Glaubens muss also immer neu in die jeweilige Situation und in das jeweilige Milieu hinein kommuniziert werden - und zwar ohne die Botschaft zu banalisieren.

Ich erlebe manchmal, dass die Verkündigung im Bemühen, einfach und verständlich zu sein, banal wird. Das Evangelium ist aber nicht banal. Es geht - im wörtlichen Sinne - um Leben und Tod. Es geht um Liebe und Barmherzigkeit, um Schuld und Scheitern, um Gericht und Vergebung, um Erlösung. Also um existenzielle menschliche Erfahrungen.

Deshalb braucht es Menschen, die das Evangelium aufgrund ihrer persönlichen Lebenserfahrung bezeugen. Und die anderen Menschen die Möglichkeit bieten, mit ihrer Lebensgeschichte, mit ihren Fragen und Zweifeln gewissermaßen "andocken" zu können. Gerade da öffnet das Internet, insbesondere Social Media wie Facebook, Twitter oder eben Blogs die Chance, dass sich Zeugen des Evangeliums in ihren jeweiligen Netzwerken zu Wort melden und gehört werden.

Können sich nun durch das Internet Menschen über ihren Glauben äußern, die bisher oft keine Plattform für dieses Reflektieren und Bezeugen des Glaubens gefunden haben?
Kebekus: Generell gilt für Social Media, dass plötzlich Menschen publizieren können, die vorher diese Chance nicht hatten. Das ist die eigentliche digitale Revolution. Und diese Chance motiviert auch nicht wenige Bloggerinnen und Blogger.

Durch das eigene Blog ist es möglich, über Themen zu publizieren, die von den großen Medien nicht genügend wahrgenommen werden oder auch in der Gemeinde vor Ort kein Gehör finden. Das können z.B. Themen wie Lebensschutz und Lebensrecht sein. Oder spirituelle Themen, die für viele große Medien nicht so interessant sind wie innerkirchliche Skandale. Außerdem haben Blogger immer auch die Möglichkeit, vom Mainstream abweichende Sichtweisen ins Spiel zu bringen.

Freitag, 6. Juli 2012

Religiöse Spannungen in Syrien

Das internationale katholische Hilfswerk Kirche in Not warnt vor Medienberichten aus Syrien. Diese seien mit grosser Vorsicht zu geniessen. Bilder würden verfälscht und Zeugenaussagen selektiv eingesetzt.

Pater Andrzej Halemba erklärte, manche westlichen Medienberichte würden in Syrien auf grosse Empörung stossen. Die Menschen fühlten sich von den internationalen Medien missbraucht und betrogen. Sie beklagten, dass der Westen nur seine eigenen Interessen vertrete, schreibt das Hilfswerk in einem Communiqué.

Die Lage im Land sei viel komplizierter und schwieriger zu beurteilen, als die Medien im Westen es darstellen. "Viele Medien machen sich die Berichterstattung zu leicht. Es scheint ignoriert zu werden, dass ebenfalls interne Machtansprüche, religiöse Spannungen unter den verschiedenen muslimischen Gruppierungen selbst, Stammesfehden sowie Rache- und Vergeltungsakte an der Tagesordnung sind und die Kriminalität im Lande aufgrund der instabilen Lage steigt“, so Halemba.

Bildmanipulationen
Halemba berichtete, ein Kirchenvertreter, dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden könne, habe dem Hilfswerk mitgeteilt: "Wir sind Zeugen vulgärer Fälschungen, die schamlos aus einer kleinen Demonstration, an denen ungefähr fünfzig Personen teilgenommen haben, eine Grossdemonstration mit hunderten oder tausenden Teilnehmern machen. Die Bilder werden in Studios, die nur zu diesem Zweck eröffnet wurden, in Bildbearbeitungsprogrammen aus verschiedenen Stücken zusammengeflickt."

Augenzeugenberichte würden vielfach ignoriert, wenn es darum gehe, bestimmten Interessen zu dienen. Auch habe man Bilder aus dem Krieg im Irak und andere vergangene Konflikte in den Medien eingesetzt, um über die Lage in Syrien zu sprechen.

Menschliche Schutzschilder
Halemba erklärte darüber hinaus, die Lage der Menschen im Land sei weiterhin sehr besorgniserregend. Das Hilfswerk gewährt eine Nothilfe von insgesamt 156.000 Franken, die vor allem notleidenden christlichen Familien zu Gute kommen, davon 60.000 Franken für diejenigen, die in der Altstadt von Homs eingekesselt sind.

Ihnen drohe eine Hungerkatastrophe, weil die Versorgungswege abgeschnitten sind. Ein Vertreter der Kirche erklärte gegenüber Kirche in Not, man könne "durchaus davon sprechen, dass die Menschen als menschliche Schutzschilde dienen". Die Lage könne sich jedoch bald etwas verbessern, so dass Hilfeleistungen ermöglicht würden. (kipa/com/gs)